Waffen (armae)

Schwerer Wurfspeer (pilum) und Lanze (hasta)

  Die ‚klassische’ Stangenwaffe des römischen Legionärs war das pilum, ein Wurfspeer mit einer kleinen pyramidenförmigen Spitze auf einem dünnen Eisenschaft, der weiter unten in einen Holzschaft überging. Pila waren für ihre enorme Durchschlagskraft gefürchtet, und konnten wahrscheinlich alle Arten von Schilden und Rüstungen durchbrechen. Selbst wenn nur der Schild getroffen wurde, machte der Treffer diesen untauglich, da sich das schwere pilum nicht so einfach wieder aus dem Schild entfernen ließ. Wahrscheinlich hatte eine Abteilung römischer Legionäre kein besseres Mittel zur Hand, um den Angriff einer feindlichen Horde brutal abzubremsen, als eine (oder zwei) volle Pilensalve(n).

  Im Unterschied zu den Legionären kämpften römische Auxiliarinfanteristen dagegen mit einer Stoßlanze, der hasta (allerdings waren die Ausrüstungen der Legionäre und der Auxiliarinfanteristen auch in diesem Fall nicht immer streng säuberlich voneinander getrennt). Hastae konnten zwar auch als Wurfwaffen eingesetzt werden, eigneten sich wegen ihrer Schneiden aber viel besser als Stoßlanzen für den Nahkampf. Pila konnten ebenfalls zum Zustoßen verwendet werden, aber ihre auf Durchschlagskraft konzipierten Spitzen machten sie in dieser Rolle nicht sehr effektiv.

  Pila blieben nach Ausweis von Funden und einigen Grabstelen bis weit in das 3.Jh. n.Chr. in Gebrauch (Abb. 1 u. 2). 

Abb. 1: Römische pila des 3.Jh. n.Chr. (© M.C. Bishop; 1 aus der Saalburg, 2-3 aus Caerleon, 4 aus Eining, 5 aus Corbridge, und 6-7 aus der Saalburg)
Abb. 2: Grabstele des Legionärs Aurelius Moucianus (legio II Parthica) mit Ovalschild, Schwert (Scheide unterhalb des Schilds zu sehen), sowie möglicherweise einem pilum (aus Apamaea – Foto H.J. Ubl)

  Allerdings wurden auch immer mehr Legionäre auf den Grabstelen dieser Zeit mit einer hasta abgebildet (Abb. 3). Offenbar kam es aufgrund neuer taktischer Rahmenbedingungen zu einer zunehmenden Verdrängung der pila durch hastae, auch wenn unklar ist, worin diese neuen taktischen Bedingungen genau bestanden. Pila und hastae existierten ähnlich wie Rechteck- und Ovalschilde (s.o. ‚Schilde’) eine Weile nebeneinander her, und ergänzten einander möglicherweise. 

Abb. 3: Grabstele des Legionärs Tertin(i)us (legio II Parthica) mit Ovalschild und Stoßlanze/hasta (aus Apamaea – Foto H.J. Ubl)
Abb. 4: Infanterist mit Ovalschild und Stoßlanze/hasta (Lanzenspitze von Reenactors, Foto K. Schäfer)

  Mit Lanzen konnte sogar gefochten werden, doch war dafür der Einsatz beider Hände notwendig. Da römische Infanteristen mit der linken Hand den Schild hielten, wurden ihre Lanzen wahrscheinlich nur in Ausnahmefällen zum Fechten eingesetzt.

  Während sich bei den pila aufgrund der Fundreste ungefähre Längen rekonstruieren lassen, ist dies bei hastae wegen der sehr spärlichen Funde wesentlich schwieriger. Moorfunde aus Illerup deuten allerdings auf Schaftlängen von z.T. deutlich über 2 m hin, denn drei noch komplett erhaltene Schäfte hatten (jeweils ohne Spitze) Längen von 2,74, 2,56 und 2,23 m. Die Lanze in Abb. 5-6 ist inklusive der Spitze etwa 2,7 m lang. Das macht sie beim Marschieren etwas unhandlich, gibt ihrem Träger aber eine hohe Reichweite im Nahkampf. 

Abb. 5-6: Legionsinfanterist mit hasta, in Gefechtsstellung (Lanzenspitze von Reenactors, Fotos T. Neidl).

  Möglicherweise waren einhändig geführte Lanzen aber auch etwas kürzer, zumindest wird dies durch eine Stelle bei Vegetius (2, 15) nahegelegt. Dieser beschreibt einen Wurfspieß (missibilium) namens pilum, der „jetzt“ (d.h. um 400 n.Chr.) spiculum genannt wurde. Das pilum habe eine dreieckige Eisenspitze von 9 Zoll Länge gehabt (ca. 22,14 cm), und einen Schaft von 5 ½ Fuß (ca. 162 cm). Diese Proportionen sprechen allerdings nicht wirklich für pila (s.o. Abb. 1). Stattdessen könnte Vegetius hier ein Fehler unterlaufen sein, und er meinte eher eine Art Lanze. Deren Gesamtlänge hätte dann bei 5½ Fuß Schaftlänge und 9 Zoll Spitze etwas über 180 cm betragen.

  Für die einhändige Führung der hasta gab es wahrscheinlich zwei verschiedene Methoden. Die Lanze konnte einerseits seitlich am Körper gehalten werden, damit der Infanterist dem Stoß durch eine teilweise Körperdrehung zusätzliche Wucht verleihen konnte (s. Abb. 5). Andererseits konnte die hasta auch seitlich über dem Kopf gehalten werden, um den Gegner schräg von oben zu treffen, wenn möglich über den Schildrand hinweg. Auf diese Weise ließ sich allerdings nicht soviel Kraft in den Stoß legen.

Leichter Wurfspeer (lancea)

  Römische Legionen enthielten wahrscheinlich (fast?) immer ein gewisses Kontingent leichtbewaffneter Speerwerfer/Plänkler für schnelle hit-and-run Angriffe. In der Republik wurde diese Aufgabe von den sogenannten velites ausgeführt. Ein mit Wurfspeeren und einem (flachen) Ovalschild ausgestatteter Soldat erscheint auf einem Relief (1.Jh. n.Chr.) aus dem Legionslager von Moguntiacum/Mainz, doch ist leider unklar, ob es sich bei ihm um einen Legionär, oder eher um einen Auxiliarsoldaten handelt (Abb. 7). 

Abb. 7: Relief eines (Auxiliar-?)Infanteristen mit Ovalschild und drei Wurfspeeren (aus Mainz, 1.Jh. n.Chr. - © M.C. Bishop).

  Speerwerfer erwähnt auch die Ektaxis kat’ Alanon von Arrianus (1.Hälfte 2.Jh. n.Chr.). Ab dem frühen 3.Jh. ist für diese leichten Infanteristen der Ausdruck lanciarii belegt. Drei Grabsteine aus Apamaea (Syrien), dem Winterlager der II Parthica bei Feldzügen nach Mesopotamien, zeigen Legionäre dieser Einheit mit einem Ovalschild und einem Bündel aus je 5 Wurfspeeren (lanceae)(Abb. 8 a-c). 

Abb. 8a Abb. 8b Abb. 8c
Abb. 8 a-c: Grabstelen der Legionäre (legio II Parthica) Aurelius Mucianus (discens lanciarius), des Septimius Viator (lanciarius), und des Aurelius Zoilus (miles), frühes 3.Jh. n.Chr. (aus Apamaea, Fotos H.-J. Ubl)

  Nur zwei der drei Soldaten werden eigens als lanciarius bzw. discens lanciarius (‚Speerwerfer in Ausbildung’) bezeichnet. Der dritte trägt lediglich die Pauschalbezeichnung miles (‚Soldat’), doch lässt er sich über die identische Ausrüstung ebenfalls als lanciarius identifizieren. Die Schaftlänge der jeweils 5 Wurfspeere ist aus den kruden Reliefs nicht ermittelbar, doch erwähnt Vegetius (2, 15, 5) einen als vericulum (‚Spießchen’) bzw. verutum (Jagdspieß) bezeichneten Wurfspeer mit einer 5 Zoll langen Eisenspitze (ca. 12,3 cm), sowie einer Schaftlänge von 3 ½ Fuß (ca. 103 cm).

  Höchstwahrscheinlich wurden die lanceae wie die größeren pila nicht für den Angriff auf Einzelziele eingesetzt, sondern flächendeckend. 

Schwert (spatha)

  In der späten Republik und der frühen Kaiserzeit waren römische Infanteristen in der Regel mit Kurzschwertern ausgestattet, den sogenannten gladii. Die gladii lassen sich grob in zwei Untergattungen einteilen, von denen die eine Form eine kurze und breite Klinge mit leicht konvexer Schneide hatte (Mainz Gladius), und die andere Form eine etwas längere und schmalere Klinge mit geraden Schneiden (Pompeji Gladius). Kavalleristen verwendeten längere und schmalere Schwerter, die meist als spathae bezeichnet wurden. Bereits während des 2.Jh. n.Chr. wurde der gladius auch bei der Infanterie von der spatha verdrängt, auch wenn sich der Begriff ‚gladius’ als Sammelbezeichnung für ‚Schwert’ noch länger hielt. Wodurch der Trend zu längeren Schwertern bedingt wurde, ist, wie beim Übergang vom pilum zur hasta, umstritten. Vermutlich lag diesem Trend ein Bedürfnis nach größerer Angriffsreichweite zu Grunde. Allgemein geht man davon aus, gladii wären hauptsächlich als Stichschwerter verwendet worden, und spathae vor allem als Hiebschwerter. Diese Einteilung hat einiges für sich, darf jedoch nicht dogmatisch gesehen werden, da man auch mit spathae zustoßen, bzw. gladii als Hiebwaffen einsetzen konnte.

  Die spathae des 3.Jh. waren wie ihre Vorgänger, die gladii, ebenfalls keineswegs homogen, sondern traten selbst wieder in zahlreichen verschiedenen Formen und Größen auf. Eine grobe Kategorisierung (nach Ulbert) unterteilt spathae in kürzere und breitere Infanterie-spathae (Lauricaum-Hromovka), sowie lange und manchmal fast schon rapierartige Kavallerie-spathae (Straubing-Nydam). Daneben gab es auch noch Kurzschwerter (Abb. 9). 

Abb. 9: Schwerter des 3.Jh. n.Chr. (© M.C. Bishop – 1 u. 2 Infanterie-spathae aus Augst und Lauriacum, 3 u. 5 Kurzschwerter aus Künzing, 4 aus Khisfine [Schwertscheide und Griff aus Elfenbein!], 6 u. 7 Kavallerie-spathae aus Augst und Straubing)

  Über die Schwertkonstruktion im 3.Jh. n.Chr. ist man relativ gut informiert, denn zahlreiche spathae, und manchmal auch Griffbestandteile, kamen in germanischen Opfermooren in Dänemark und Schleswig-Holstein zu Tage (Illerup, Nydam, Vimose usw.), in denen insgesamt mehr römische spathae entdeckt wurden, als in allen Gebieten des ehemaligen Imperiums zusammengenommen! Viele dieser Schwerter trugen noch die Fabrikationsstempel römischer Waffenmanufakturen. Ihre Klingen zeichneten sich allgemein durch eine hohe Verarbeitungsqualität aus, und waren meist damaszeniert, d.h. kohlenstoffreiche harte Stähle wurden mit kohlenstoffärmeren und weicheren Stählen zusammengeschmiedet, um sowohl harte als auch flexible Klingen herzustellen. Auch feuerverschweißte Kompositklingen (z.B. mit an den Kern angeschweißten Schneiden) waren häufig.

  Wohl wegen ihrer größeren Länge wurde die spatha nicht mehr wie der gladius rechts getragen, sondern links. Die Prätorianer scheinen zumindest bis 193 n.Chr. die spatha noch rechts getragen zu haben, offenbar um sich von den übrigen Truppen abzuheben (Cassius Dio 75, 1, 1, Ergänzungsbericht Exc. Salm 127). Auf Grabstelen des 3.Jh. tragen sie die spatha allerdings ebenfalls links. Die spatha hing mit der Schwertscheide (vagina) an einem Schwertgurt (balteus), dessen dünnes Ende durch einen Schwertriemenhalter auf der Scheide geführt wurde. Ob dieser Schwertriemen nur einfach durch den Schwerriemenhalter gesteckt, oder mindestens einmal um die Scheide gewickelt wurde (siehe ‚Schwertgurt’ Abb. 2) ist umstritten. Die komplexere Methode hält jedenfalls das Schwert besser in Position.

Kurzschwert (semispatha?)

  Der Einsatz von Langschwertern sowohl bei der Kavallerie als auch bei der Infanterie brachte nicht automatisch auch das Ende für kürzere Schwertformen mit sich. Im späteren 2.Jh. n.Chr. kam eine Gattung Kurzschwerter auf, die nach der Form ihrer Griffe zu den sogenannten‚ Ringknaufschwertern’ gezählt werden. Diese Ringknaufschwerter blieben möglicherweise bis ins 3.Jh. n.Chr. in Gebrauch, doch waren für das 3.Jh. allerdings eher von den Ringknaufschwertern getrennte Kurzschwertformen typisch. Ein Eisenhortfund aus Künzing (Niederbayern) enthielt neben zahlreichen Dolchen (s.u.) und vielen anderen Bestandteilen auch 14 Kurzschwerter mit teilweise stark variierenden Formen und Proportionen. Ähnliche Kurzschwerter wurden auch in anderen Regionen des Imperiums gefunden (s.u. Abb. 10). Die Funktion dieser Kurzschwerter ist unbekannt. Bei zumindest einigen der Künzinger Kurzschwerter handelte es sich um reparierte ‚Bruchschwerter’, d.h. normal lange Klingen waren nach einem Bruch zu Kurzschwertern umgeschmiedet worden. Ob allerdings alle Kurzschwerter im 3.Jh. ihre Existenz einer derartigen ‚Notoperation’ verdanken, ist auch wieder fraglich, weshalb die Möglichkeit, dass Kurzschwerter auch von vornherein als solche hergestellt wurden, nicht außer Acht gelassen werden darf. Dies wirft allerdings wieder die Frage nach der Funktion dieser Waffen auf. Vielleicht dienten sie als ‚Notreservewaffen’, oder für Kämpfe in besonders dichtem Handgemenge, in dem für den Einsatz der längeren spathae nicht mehr genug Raum vorhanden war. Ein Charakter als Statussymbol ist ebenfalls anzunehmen, denn die im Vergleich zu Langschwertern seltenen Funde von Kurzschwertern legen nahe, dass bestimmt nicht jeder römische Soldat mit einem kurzen ‚Zweitschwert’ ausgerüstet war. Falls diese Kurzschwerter zusätzlich zur spatha getragen wurden, dann wahrscheinlich an der linken Seite.

  Vegetius erwähnt für die römische Armee ‚der alten Zeit’ (d.h. v.a. des 2., 3.Jh. u. frühen 4. Jh. n.Chr.?) auch semispathae oder semispathia (‚Halbschwerter’, vgl. Veg. 2, 15 u. 16). Waren damit die Kurzschwertformen des 2. u. 3.Jh. n.Chr. gemeint? 

Abb. 10: Kurzschwert aus dem 3.Jh. n.Chr. nach einem Vorbild aus dem British Museum (Rekonstruktion Paul Binns, Foto T. Neidl)

Dolch (pugio)

  Neben Schwertern waren im römischen Militär auch Dolche (pugiones) verbreitet. Die im 2. und 3.Jh. verwendeten Dolche hatten relativ gedrungene und breite Klingen mit meist deutlich konvexen (manchmal aber auch parallelen) Schneiden, und ähnelten damit älteren Schwertformen wie dem Mainz gladius. Die Klingenlänge variierte zwischen etwa 28-30 cm, d.h. es handelte sich nicht um ‚große Messer’, sondern beinahe schon um Kurzschwerter.

  Ein besonders umfangreicher Fund derartiger Dolche stammt aus Künzing, wo insgesamt 51 pugiones und 29 dazugehörige vaginae gefunden wurden (Abb. 11). 

 
Abb. 11: römische Dolche (pugiones) aus Künzing (Foto M. Bayer).
 
Abb. 12: hypothetische Aufhängung eines Künzing-pugio (Dolch von Deepeeka, Tragesystem von Klaus Sigl nach einer Rekonstruktionszeichnung von Thomas Fischer, Foto F. Himmler).

  H.J. Ubl und M. Reuter gehen inzwischen allerdings davon aus, dass der pugio bereits ab dem frühen 3.Jh. nicht mehr verwendet wurde, und die zahlreichen Funde aus Künzing (u.a. Standorten) gewissermaßen ‚eingemottete Altbestände’ darstellten. Bei der hastigen Aufstellung von Bürgerwehrtruppen (wie den populares) wird man aber wohl trotzdem auf diese ‚Altbestände’ (soweit noch vorhanden) zurückgegriffen haben.

  Die Scheiden der pugiones aus dem 2. u. 3.Jh. zeigen noch ein Aufhängesystem mit vier Ringen, wie es ursprünglich auch bei den Schwertern zu sehen war, bevor das Tragesystem mit vier Ringen von der einfacheren Tragweise mit einem Schwertriemenhalter verdrängt wurde. Da die spatha links getragen wurde, hing der pugio wohl rechts. Abb. 12 zeigt eine hypothetische Aufhängung mit eigenen Riemen. Eine einfachere Methode, bei der die Seitenringe durch jeweils einen kleinen Lederriemen verbunden wurden, und der Gürtel einfach zwischen Scheide und diesen kleinen Riemen durchgezogen wurde, ist ebenfalls denkbar (Abb. 12).

© Dr. Florian Himmler