Tunika (tunica)

  Römische Tuniken waren ursprünglich sehr einfach konstruiert und bestanden im Grunde lediglich aus einem querrechteckigen ‚Sack’, der unten offen war (für die Beine), und oben und an den Seiten Öffnungen für die Arme und den Kopf hatte. Derartige Tuniken waren oft sehr voluminös (Abb. 1), wirkten aber durch Einschnürung (z.B. mit einem cingulum, dem Militärgürtel) deutlich eleganter.

  Kleinere Vergehen wurden im römischen Militärstrafrecht u.a. dadurch geahndet, dass der Delinquent für einen bestimmten Zeitraum sein cingulum nicht tragen durfte, und mit seiner ungegürteten, bauchigen Tunika den Spott seiner Kameraden erdulden musste.

  Im Laufe der Kaiserzeit schrumpften die ‚Sacktuniken’ zuerst etwas, behielten aber ihre Grundkonstruktion bei. Dies zeigt sich sehr deutlich an einer Reihe von Tuniken aus dem Fund von Nahal Hever (Israel), bei denen es sich (vielleicht) um römische Tuniken handelte, die dort (vielleicht) während des Bar Kochba Aufstands in den 30er Jahren des 2.Jh. n.Chr. deponiert worden waren (Abb. 2). 

Abb. 1: Römische Tunika nach einem Fund aus Ägypten (140 cm x 127 cm)(Rekonstruktion von Julia Lindner und Stefanie Müller, Foto F. Himmler)
Abb. 2: Römische (?) Tunika nach einem Fund aus Nahal Hever/Israel (Nr. 22-8-4, 115 cm x 100 cm, Rekonstruktion und Foto F. Himmler)

  Vielleicht bereits im späten 2.Jh. n.Chr., sicher jedoch im frühen 3.Jh., setzten sich dann allerdings Tuniken mit Ärmeln durch, und zwar meist mit langen Ärmeln, gelegentlich aber auch kurzen. Die bereits auf früheren Tuniken sichtbaren Längsstreifen (die sogenannten clavi – s.o. Abb. 2), tauchen auch auf den Ärmeltuniken wieder auf, allerdings in einer deutlich komplexeren Form. Funde von Originaltuniken (Dura-Europos), Wandfresken (Dura-Europos und Brigetio/Komárom), sowie Mumienportraits (Ägypten) zeigen an den Unterarmen zwei parallel zueinander verlaufende schmale Purpurstreifen (s.u. Abb. 4, 5 u. 6), und an den Schultern pfeilförmige clavi. Diese sogenannten Pfeil-clavi bestanden entweder aus einem breiten Pfeil, zwei schmalen Pfeilen nebeneinander, oder einem komplexeren System aus drei Pfeilspitzen. Ein Farbstreifen am unteren Saum der Tunika endete entweder in zwei Gamma-clavi (rechtwinklig nach oben abknickende Streifen mit quadratischen Einkerbungen am oberen Ende), oder ebenfalls in zwei Pfeil-clavi (Abb. 3). Einfache Längs-clavi wie auf älteren Tuniken kamen aber ebenfalls noch vor.

  Derartige Verzierungen wurden wegen der nur für Syrien und Ägypten bekannten Belege in der Forschung gelegentlich als ‚syrische Mode’ abgetan, doch kamen vor einiger Zeit Wand-malereien in Brigetio (Komárom/Ungarn) zu Tage, die diese Pfeil-Clavi auch für den mitteleuropäischen Raum belegen (Abb. 4). Wahrscheinlich waren sie im gesamten römischen Imperium verbreitet.

Abb. 3: Römische Tunika mit dreifach-Pfeil-clavi an den Schultern und am Saum (nach Fragmenten aus Dura-Europos/Syrien, Rekonstruktion Volker Müller, Foto S. Müller)
Abb. 4: Tunika mit Pfeil-clavi an den Schultern (und am unteren Saum – nicht im Bild) auf einer Wandmalerei aus Komárom/Ungarn (Römermuseum Komárom, Foto F. Himmler)

  Was die Bedeutung dieser verschiedenen clavi angeht, so entzieht sich diese bislang jeder Kenntnis. Es könnte sich vielleicht ursprünglich um Ranginsignien gehandelt haben, doch tauchen derartige und ähnliche Verzierungen auch in zivilem Kontext auf, und zwar selbst auf Frauen- und Kindertuniken. Auch bei der Lauch (?) verspeisenden Person in Abb. 4 handelt es sich aufgrund der Abwesenheit eines Militärgürtels wohl um einen Zivilisten.

  Soweit sich auf Abbildungen römischer Soldaten aus dem 3.Jh. n.Chr. noch Farben erhalten haben, so sind (fast) immer weiße Tuniken zu sehen. Ob die Soldaten tatsächlich stets nur weiße Tuniken trugen, ist jedoch umstritten. Abbildungen mit weißen Tuniken geben entweder Zeremonialhandlungen wieder (z.B. das Terentius-Fresko), oder es handelt sich um Abbildungen verstorbener Soldaten (Grabstelen oder Mumienporträts). In beiden Fällen ist zu vermuten, dass die jeweiligen milites mit ihren besten ‚Uniformen’ abgebildet wurden. Herodian (2, 13, 3) erwähnt spezielle Zeremonial- bzw. Festgewänder (der Prätorianergarde).

  Ob weiße Tuniken allerdings auch für ‚schmutzige Arbeiten’ (munera sordida) wie Schanz- Schmiede-, und Verputzungsarbeiten, Latrinenräumen, den Betrieb und die Reinigung von Heizanlagen und Ziegeleien, bzw. für Trainings- oder Kampfeinsätze (mit Schweiß, Straßenstaub, Korrosionsprodukten, Schmierfett, Blut usw.) getragen wurden, ist eher fraglich. Endgültige Gewissheit gibt es weder für die eine noch die andere Hypothese, und im Allgemein ist die Frage der Tunikenfarben ein erbittert umkämpftes Thema. 

Umhang (sagum)

  Wie bereits angesprochen ist nicht sicher, ob es sich bei den pfeilförmigen clavi auf den Tuniken um Rangabzeichen handelte. Eher als Rangindikator diente hingegen wohl der Umhang (sagum), ein großes und rechteckiges Stück Wollstoff, das mit einer Fibel (Abb. 5) an der rechten Schulter zusammengehalten wurde. 

Abb. 5: römische Kniefibel (3.Jh. n.Chr.) aus Messing (Rekonstruktion Markus Neidhardt, Foto F. Himmler)

  Ein in Dura-Europos gefundenes Wandfresko (das sogenannte ‚Terentius-Fresko’, wohl vor 239 n.Chr.) zeigt die XX. Palmyrenerkohorte bei der gemeinsamen Opferzeremonie. Fast alle der Soldaten, inklusive dem Arzt und dem Standartenträger, tragen einen braunen Umhang, was wohl die Standardfarbe für Umhänge der Mannschaftsdienstgrade und Unteroffiziere war. Die einzigen beiden Personen mit andersfarbigen Umhängen sind der Tribun Terentius (Mitte), mit einem weißen Umhang mit purpurfarbenen Fransen, sowie ein Centurio (?)(zweiter von rechts) mit einem Stab (die vitis?) und einem weißen Umhang ohne Fransen (Abb. 6). 

Abb. 6: Ausschnitt aus dem ‚Terentius-Fresko’ aus Dura-Europos (http://www.le.ac.uk/ar/stj/terentius.jpg, mit der freundlichen Genehmigung von PhD Simon James)
Abb. 7: tribunus militum mit weißem sagum mit Purpurfransen (Umhang von Florian Himmler, Foto S. Müller)

  Verwirrenderweise zeigt ein Wandfresko aus Dimmidi in Numidien einen Legionscenturio (oder einen anderen Offizier?) mit einem blau-grauen Umhang, sowie eine weitere Person mit einem roten Umhang. Ein römischer Offizier namens Tyras (?) ist auf seinem Porträtbild aus Der-el-Medineh in Ägypten mit einem roten Umhang abgebildet. Sein Rang ist leider nicht bekannt. Ein leider erheblich zerstörtes Fresko aus Luxor (spätes 3.Jh.) zeigt eine Gruppe Offiziere (?) in ockerfarbenen Umhängen, die bereits mit den sehr opulenten Zierelementen der spätrömischen Zeit ausgestattet sind. 

Weitere Textilien

  Außer Tunika und Umhang gehörten zur Ausstattung noch weitere Kleidungsstücke, wie das focale (ein breites Halstuch), udones (Socken), Unterwäsche, sowie spätestens seit dem 2.Jh. n.Chr. auch Hosen. Bei schlechtem Wetter konnten auch Gamaschen u.o. Beinwickel getragen werden. Die in Britannien, Germanien und im Donauraum stationierten römischen Soldaten waren wesentlich besser an das Wetter angepasst als man zuerst meinen könnte. Das natürliche Wollfett (Lanolin) der Umhänge machte diese einigermaßen Wasserabweisend, und warme Wolltuniken, -hosen, -strümpfe, -beinwickel, -mützen und –umhänge schützten auch bei Wintereinsätzen vor Kälte (Abb. 8). Vermutlich gab es sogar Fäustlinge, doch sind bislang keine römischen Handschuhe gefunden worden. 

Abb. 8: Winterpatrouille im Schnee (Bayerischer Wald Anfang 2005, Foto A. Bayer-Zapf)

© Dr. Florian Himmler