Schild (scutum)

  Gewöhnlich wird mit kaiserzeitlich-römischen Soldaten der gebogene Rechteckschild als Standardschildtyp schlechthin assoziiert. Gebogene Rechteckschilde wurden jedoch wahrscheinlich nur von der Legionsinfanterie (Abb. 1), bzw. von Freiwilligenkohorten römischer Bürgersoldaten getragen, und auch dann wohl nicht ausschließlich. Auxiliartruppen waren dagegen wohl standardmäßig mit Ovalschilden ausgestattet (wobei es allerdings ebenfalls Ausnahmen gab). Zudem verloren die Rechteckschilde bei der Legionsinfanterie vermutlich schon im 2.Jh. ihre Führungsposition an andere Schildformen, und zwar in erster Linie an Ovalschilde. Im 3.Jh. n.Chr. war der Ovalschild nach Ausweis zahlreicher Grabstelen der Standardschildtyp der römischen Infanterie (Abb. 2), und zwar sowohl bei der Auxiliar- wie auch bei der Legionsinfanterie (Abb. 3a u. 3b).

Abb. 1: Legionär mit Rechteckschild (Rekonstruktion Florian Himmler, Foto T. Neidl).
Abb. 2: Infanterist mit Ovalschild (Rekonstruktion Winfried Fink u. Klaus Sigl, Foto S. Müller).
Abb. 3a Abb. 3b
Abb. 3a-b: Grabstelen der Legionäre (legio II Parthica) Aurelius Diza und Flavius Trypho – beide mit Ovalschild. Tryphos Schild zeigt das Symbol der legio II Parthica (aus Apamaea, frühes 3.Jh. – Fotos H.J. Ubl).

  Abbildungen gebogener Rechteckschilde aus dem 3.Jh. sind dagegen außerordentlich selten. Eine Ausnahme bildet eine stark beschädigte Soldatenstatue aus Alba Iulia (Rumänien) mit Plattenrüstung, Armpanzerung und Rechteckschild, die vermutlich einen Legionär darstellt.

  Der Trend zum Ovalschild lässt sich auch in den stadtrömischen Propagandamonumenten erkennen. Während auf der Traianssäule (frühes 2.Jh. n.Chr.) Legionäre und Auxiliarsoldaten noch streng getrennt mit Rechteckschilden bzw. flachen Ovalschilden ausgerüstet sind, tragen auf der Marcussäule (spätes 2.Jh. n.Chr.) fast alle Soldaten Ovalschilde. Rechteckschilde erscheinen dagegen nur sporadisch – mit Ausnahme einer besonderen Gefechtsformation, nämlich der sog. ‚Schildkröte’ (testudo), die auf der Marcussäule im Angriff auf ein Barbarendorf dargestellt wird. In diesem Fall zeigt die Marcussäule ausschließlich Rechteckschilde, vermutlich weil sich mit diesen ein lückenloseres Schutzdach gegen von oben herabprasselnde Wurfgeschosse bilden ließ.

  Ein Überwiegen der Ovalschilde im Vergleich zu den Rechteckschilden lässt sich auch im Fundzusammenhang von Dura-Europos erkennen. In den Ruinen dieser Grenzfestung kamen zwar Trümmer eines fast kompletten Rechteckschilds (Fund Nr. 629), sowie Fragmente zweier weiterer Rechteckschilde zu Tage. Doch wurden in Dura mindestens 13 Ovalschilde in größeren oder kleineren Fragmenten nachgewiesen, und fast alle der gefundenen Schildbuckel stammen ebenfalls von Ovalschilden. Die im Tunnel unter Turm 14 verschütteten Soldaten hatten nach Ausweis der dort gefundenen Schildbuckel ausschließlich Ovalschilde bei sich, keine Rechteckschilde.


 

Ovalschild

  Der Korpus der Ovalschilde aus Dura-Europos bestand aus aneinandergefügten Holzplanken aus Euphrat-Pappel (Populus euphratica). Die Stärke dieser Planken betrug im Zentrum meist etwa 0,7-0,9 cm, doch wurden die Schilde zum Rand hin etwas dünner (bis zu 0,3-0,5 cm), vermutlich um das Gesamtgewicht zu reduzieren. Die Schilde waren offenbar gewölbt, d.h. man hatte die Planken verjüngend zugeschnitten, und (unter Dampf?) gebogen. Die durchschnittliche Höhe und Breite dieser Ovalschilde lag bei ca. 115-118 cm x ca. 95 cm,[2] aber genauer gesagt war dies der ungefähre Wert über die Oberfläche gemessen, denn aufgrund der Wölbung waren die Schilde geringfügig niedriger bzw. schmäler. Die Wölbung betrug möglicherweise etwa 10 cm. Flache Ovalschilde könnten im römischen Heer des 3.Jh. allerdings ebenfalls existiert haben, vielleicht aufgrund einer einfacheren und zeitsparenderen Herstellung.

  Um die Widerstandsfähigkeit der Schilde zu erhöhen, waren sie vorne und hinten mehrschichtig überzogen. Die wichtigste und mit Sicherheit stabilste Schutzschicht war ein Überzug aus Rohhaut/Pergament, einem dünnen aber sehr steifen und zähen Material. Offenbar trugen beide Seiten eine Schicht Rohhaut. Unter der Rohhaut lag eine weitere Schicht, die möglicherweise aus einem Gemisch aus Leim und Pflanzen- bzw. Sehnenfasern bestand. Diese Schicht sollte vermutlich die Wucht von Treffern etwas dämpfen. Die Konstruktion zeigte jedoch auch Abweichungen. So hatten z.B. nicht alle Ovalschilde einen Überzug aus Rohhaut, und bei manchen wurde stattdessen eine Schicht Stoff verwendet. Möglicherweise handelte es sich bei diesen Schilden aber um noch unfertige Exemplare.

  Die Stabilität der Schilde wurde außerdem durch einen umlaufenden Rohhautstreifen erhöht, der auf den Rand aufgenäht worden war. Die Bohrlöcher für diese Umrandung lagen im Durchschnitt etwa 1–2 cm auseinander, und ihr Abstand zum Außenrand betrug durchschnittlich 0,5–1,5 cm.[3] Die Umrandung wurde mit Sattlerstich aufgenäht, d.h. zwei Fäden (evtl. auch Rohhautstreifen) liefen in entgegengesetzter Richtung durch die Bohrlöcher, was eine besonders stabile Naht ergab. Ursprünglich bestand die Umrandung kaiserzeitlicher Schilde aus einem Streifen Metallblech (vorzugsweise Messing), doch hatte man diese Konstruktion spätestens Mitte des 3.Jh. zugunsten der leichteren und sicher deutlich billigeren Rohhautumrandung aufgegeben.

  Die Hand des Trägers wurde durch einen Schildbuckel (umbo) geschützt. Die eisernen Schildbuckel aus Dura-Europos sind zwar zu stark korrodiert als dass sich ihre ursprüngliche Materialstärke noch ermitteln ließe, doch weisen die Bronzeschildbuckel eine durchschnittliche Materialstärke von etwa 1-2 mm auf. Außerdem verlief auf der Innenseite des Schilds in der Horizontalen ein schmaler und nur wenige mm dicker eiserner Streifen (Schildfessel), der den Griff verstärkte und den gesamten Schild weiter absteifte.

Rechteckschild

   Fast alle Rekonstruktionen kaiserzeitlicher Rechteckschilde gehen zumindest im Kern auf einen Schild zurück, der in der Ruine von Turm 19 von Dura-Europos gefunden wurde (Fundnummer 629). Da der Schild in zertrümmertem Zustand entdeckt wurde, ließen sich seine Abmessungen nicht exakt bestimmen. Die wahrscheinliche Höhe betrug 101-102 cm an den Seitenkanten, und 105-106 cm in der Mitte. Ober- und Unterkante hatten daher eine schwach konvexe Form, durch die der Schild eine bessere Standfestigkeit erhielt. Die Breite (über die Krümmung gemessen) betrug etwa 85-86 cm, und der Abstand zwischen den Längskanten möglicherweise 66 cm (= 66 cm Bogensehne). Letztere Angabe ist aber aufgrund des Erhaltungszustands nicht endgültig sicher. Vielleicht war der Schild auch geringfügig flacher. Abb. 1 zeigt einen Nachbau eines Rechteckschilds basierend auf Nr. 629.

   Nr. 629 und Fragmente zweier weiterer Rechteckschilde aus Dura-Europos bestanden aus Sperrholz, für das jeweils drei Schichten dünner Holzstreifen aus Morgenländischer/ Orientalischer Platane (Platanus orientalis) übereinandergeleimt wurden (sog. ‚Sandwich-Bauweise’)(s.u. Abb. 4).

   Die Breite dieser Holzstreifen variierte zwischen 5 cm (min.) und 15 cm (max.). Die Streifen der mittleren Schicht verliefen vertikal, und die Streifen der oberen und unteren Schicht horizontal, d.h. sie folgten der Schildkrümmung. Die Streifen der inneren Schicht waren etwas dicker (ca. 2-3 mm), während die Streifen der beiden Außenschichten nur ca. 1-2 mm dick waren, vermutlich damit sie sich leichter krümmen ließen. Die Gesamtdicke des Schildkerns lag daher theoretisch bei ca. 5-6 mm, doch ist das Fragment von Nr. 631 etwas dicker (7 mm), vermutlich wegen der Leimschichten.

   Die Frontseite von Nr. 629 war nach älteren Angaben erst mit einer dünnen Pergamentschicht (= Rohhaut) bespannt worden, und dann mit einer Schicht Leinenstoff. Diese Angabe ist jedoch ein Missverständnis, denn in Wirklichkeit wurde erst eine Schicht Leinenstoff auf den Schild geklebt, und erst dann kam die dünne Schicht aus Pergament bzw. Rohhaut. Die Rückseite war anscheinend ebenfalls mit einer dünnen Schicht Pergament/Rohhaut überzogen. Offenbar auf beiden Seiten wurde die Pergamentschicht mit roter Farbe übermalt. Bei Nr. 631 war möglicherweise keine Pergament-/Rohhautschicht vorhanden. 

Abb. 4: Skizze der ‚Sandwichbauweise’ bei den Rechteckschilden aus Dura-Europos – drei Schichten Platanenholzstreifen werden überkreuz aufeinandergeleimt, und dann mit Leinen und Pergament überzogen. Ein Rohhautstreifen schützt den Rand (© M.C. Bishop).

  Auf den Rand der Rechteckschilde war (wie bei den Ovalschilden) ein Rohhautstreifen aufgenäht, der bei Nr. 629 eine Breite von 3,5-5 cm hatte. Bei Nr. 631 ist der Rohhautstreifen verschwunden, aber der Faden noch vorhanden.

  Nr. 629 hatte laut Fundbericht außerdem noch kleine quadratische Lederverstärkungen auf den vier Ecken, die mit Rohhaut fixiert wurden (d.h. sie waren mit dünnen Rohhautstreifen festgenäht?). Möglicherweise handelt es sich hierbei jedoch um ein Missverständnis. Legt man nasse Rohhautstreifen über den Schildrand, so entstehen an den Ecken (Richtungswechsel von 90°) überstehende kleine Falten, die flachgedrückt an ein Rechteck erinnern.

  Der Schildbuckel (umbo) von Nr. 629 wurde leider nicht gefunden, doch lassen sich seine Abmessungen noch aus der Bemalung und den Nietlöchern rekonstruieren. Der Schildbuckel bestand aus einer (vermutlich leicht gekrümmten) rechteckigen Grundfläche von 22 cm in der Höhe und 18 cm in der Breite. Der Buckel selbst hatte einen Durchmesser von 12 cm. Wenn es sich um eine genaue Halbkugel gehandelt hat, müsste sie eine Tiefe von etwa 6 cm gehabt haben. Wahrscheinlich war sie aber ein wenig flacher. Das Material des verschwundenen Schildbuckels ist unbekannt, doch wurde entweder Eisen- oder Messingblech verwendet.

  Der Schildgriff bestand im Kern lediglich aus einem in der Mitte dickeren Holzstreifen, der auf der Rückseite des Schilds horizontal quer über die Griff-Öffnung lief. Dieser Holzstreifen gehörte zu einer Konstruktion aus weiteren derartigen Streifen, die auf der Rückseite des Schilds eine Art Rechteck mit einem Innenkreuz bildeten (Abb. 5). 

Abb. 5: ‚Holzstreifengitter’ auf der Innenseite (die Grifföffnung ist nicht korrekt)(Rekonstruktion und Foto F. Himmler).

  Auf der Rückseite von Nr. 629 liefen diese ‚Verstärkungsstreifen’ in einem Abstand von 9 cm zum Außenrand. Bei Nr. 631 lag der Abstand zum Außenrand nur bei 6 cm. Eine Fundskizze von Nr. 629 zeigt, dass neben dem Querstreifen über der Grifföffnung auch noch ein weiterer Streifen vertikal über das Schildinnere lief. Dieser vertikale Streifen wurde natürlich durch die Grifföffnung unterbrochen.

  Der Sinn dieser Streifen ist unklar. Wahrscheinlich erzeugten sie eine zusätzliche Versteifung der gesamten Schildkonstruktion. Möglicherweise sollten sie auch einen feinen Abstand zwischen der Schildinnenfläche und der Panzerung des Trägers gewährleisten, damit die Kettenringe, Schuppen oder Panzerbleche nicht zu sehr die Innenfläche anscheuerten (Eigenversuche legen dies zumindest nahe). Die ‚Versteifungstheorie’ klingt jedoch plausibler.

  Bei Nr. 631 waren die ‚Verstärkungsstreifen’ etwa 2-3 mm dick und 1-2 cm breit. Sie wurden (wahrscheinlich) mit Leim und (nachweislich) mit kleinen Holzstiften in Position gehalten. Diese Holzstifte durchbohrten nicht nur den ‚Verstärkungsstreifen’, sondern auch alle drei Holzschichten des Schilds (die Löcher wurden vorgebohrt). Bei einer Dicke von 2-3 mm für den ‚Verstärkungsstreifen’ und einer Gesamtdicke der Sperrholzkonstruktion von bis zu 7 mm scheinen diese Stifte maximal etwa 1 cm lang gewesen zu sein. Ihr Durchmesser lag bei ca. 3 mm, und ihr Abstand zueinander betrug etwa 9 cm.

  Es ist leider unklar, ob die ‚Verstärkungsstreifen’ über oder unter dem Bezug auf der Rückseite des Schilds lagen. Bei Nr. 629 waren die Streifen möglicherweise vom Bezug bedeckt, doch können diese Angaben verfälscht sein. Bei Nr. 631 lagen die Streifen möglicherweise über den Resten des Bezugs (Leimschicht mit Faserresten), doch ist dies ebenfalls unsicher. Falls die ‚Verstärkungsstreifen’ tatsächlich den Zweck hatten, durch Panzerung verursachte Scheuerschäden am Schild selbst zu verhindern, dann hätte man sie wohl über dem Bezug angebracht, um sie leichter auswechseln zu können. 

Sechseckschild/Hexagonalscutum

  Eine weitere Schildform, von der leider keine Originalfunde vorliegen, war der Sechseckschild. Dieser könnte in erster Linie von der Kavallerie verwendet worden sein, doch spricht prinzipiell nichts gegen eine Verwendung auch bei der Infanterie. Wandmalereien aus der Synagoge von Dura-Europos zeigen jedenfalls Infanteristen mit Sechseckschilden (sowie Schwertern und Schuppen-/Kettenhauben)(Abb. 6). Die ungefähren Proportionen dieser Schildform zeigt eine Bronzefibel aus Lauriacum/Enns (Abb. 7). 

Abb. 6: Römische Soldaten mit Rechteckschilden auf einem Wandgemälde aus Dura-Europos (© M.C. Bishop).
Abb. 7: Brosche in Form eines Sechseckschilds aus Lauriacum/Enns, spätes 2. o. 3.Jh. n.Chr. (Foto F. Himmler).

  Sowohl die Wandmalereien aus Dura-Europos, als auch die Brosche aus Enns, zeigen runde Schildbuckel auf Sechseckschilden. Wie bereits angegeben waren die Ovalschilde des 3.Jh. n.Chr. (fast?) immer gewölbt, was sich auch am Querschnitt zahlreicher Schildbuckel erkennen lässt. Einige runde Schildbuckel zeigen jedoch eine eindeutig flache Basis, die sich zumindest in einem Teil der Fälle auch nicht durch eine angebliche Deformierung wegerklären lässt (Abb. 8). Diese runden Schildbuckel mit flacher Basis waren entweder für flache Ovalschilde (und/oder Rundschilde? s.u.) konzipiert, oder für Sechseckschilde. 

Abb. 8: Simpler Messingschildbuckel (Besitzer AELIUS AELIANUS; Fundort Thorsberg – heute Landes-museum Schleswig-Holstein) für gewölbten Oval- oder Rundschild (rechts), sowie punzierter Prachtschildbuckel (aus Mainz) für flachen Oval-/Rund- oder Sechseckschild (links)(© M.C. Bishop).

Kleiner Rundschild (parma?)

  Bestimmte römische Spezialsoldaten trugen statt der relativ großen Rechteck-, Oval- oder Sechseck-scuta einen kleinen Rundschild, der notfalls nur an einem Lederriemen getragen werden konnte, und den man nicht ständig mit einer Hand halten musste. Mit diesen Schilden ausgestattet waren (wahrscheinlich) die Adlerträger (aquiliferi), Feldzeichenträger (signiferi), Kaiserbildträger (imaginiferi), Signalhornträger (cornicines), Trompeter (tubicines) und ähnliche Ränge, die zum Halten bzw. für die Bedienung ihres Zeichens/Instruments immer wieder beide Hände benötigten. Die ungefähre Größe dieser Kleinrundschilde lässt sich über ein tegimentum (s.u.) aus Castleford (GB) ermitteln, das mit einem Durchmesser von ca. 60 cm höchstwahrscheinlich zum Schutz eines solchen Kleinrundschilds gedient hat. Abb. 9 zeigt einen cornicen mit einem derartigen Rundschild. Wie bei den Rechteck- und Ovalschilden aus Dura-Europos wurde bei dieser Schildrekonstruktion ein Rohhautstreifen auf den Schildrand aufgetragen. Eine Grabstele des 3.Jh. n.Chr. aus Aquincum/Budapest stellt einen cornicen namens Aurelius Bitho mit seinem Instrument (Mundstück separiert in der Hand) und einem Kleinrundschild (am linken Arm) dar (Abb. 10). 

Abb. 9: cornicen mit Signalhorn (cornu) und Rundschild an der linken Hüfte (Rekonstruktion Schild Winfried Fink, Instrument von Deepeeka, Foto S. Müller).
Abb. 10: cornicen Aurelius Bitho aus Aquincum/Budapest mit Signalhorn und Rundschild (Foto F. Himmler).

Schildabdeckung (tegimentum)

  Scuta durften nicht lang anhaltender Nässe ausgesetzt werden, da sie sich sonst mit Wasser vollsogen und unangenehm schwer wurden, bzw. irgendwann ihre Konstruktion Schäden nehmen konnte. Um den Schild vor Regen sowie bzw. Gebrauchsschäden allgemeiner Art abzuschirmen, wurde eine Abdeckung aus dünnem Ziegenleder darüber gezogen (Abb. 11), die in gut eingefettetem Zustand die Feuchtigkeit einfach abperlen ließ. Derartige Schildabdeckungen wurden als tegimentum (‚Bedeckung’) bezeichnet. 

Abb. 11: Fragmente frühkaiserzeitlicher tegimenta (© M.C. Bishop – 1 u. 3 aus Vindonissa, 2 aus Castleford, 4 aus Valkenburg).

  sahrscheinlich wurde das tegimentum normalerweise nur für Kämpfe oder Paraden/ Appelle abgenommen. Caesar (Gallischer Krieg 2, 21, 5) berichtet, ein feindlicher Angriff wäre einmal so überraschend erfolgt, dass die römischen Soldaten keine Zeit mehr hatten, die tegimenta von den scuta zu nehmen (ad […] scutis tegimenta detrahenda tempus defuerit). Eine Reihe relativ gut erhaltener Fragmente solcher tegimenta aus Vindonissa/Windisch sowie Valkenburg trugen z.T. noch Reste kleiner ‚Ledertafeln’ (tabulae ansatae) mit dem Namen der jeweiligen Einheit (s.o.). In manchen Fällen waren auch kleine Ledersymbole (aus andersfarbigem Leder?) auf tegimenta aufgenäht worden, z.B. der ‚Ziegenfisch’ (capricornus) auf ein tegimentum der Coh XV Civium Romanorum Voluntariorum. Eine (hypothetische) tabula ansata der Leg III Ital aus Raetien zeigt Abb. 12.

Abb. 12: hypothetische tabula ansata auf einem Rechteckschild-tegimentum (Konstruktion u. Foto F. Himmler).

  Ob lederne tegimenta auch im 3.Jh. n.Chr. noch verwendet wurden, ist schwer zu sagen. Die Ausgrabungsberichte von Dura-Europos erwähnen keine derartigen Funde. Vielleicht wurden stattdessen leichtere Schutzmöglichkeiten eingesetzt, wie z.B. Öl- oder Wachstücher. Vielleicht wurden entsprechende Lederfragmente bei den Ausgrabungen aber auch einfach nur übersehen, bzw. als unwichtig kategorisiert.


 

 Bemalte Schilde = Paradeschilde?

  Bei fast allen der Oval- und Rechteckschilde aus Dura-Europos (bzw. deren Fragmenten) haben sich zumindest Spuren einer farbenprächtigen Bemalung erhalten, und bei manchen der Schilde war die Bemalung nachweislich sehr komplex, aufwändig, und detailliert (Abb. 13/14). 

Abb. 13: Ovalschilde mit Bemalungen nach Funden aus Dura-Europos (Rekonstruktion Winfried Fink, Klaus Sigl und Dieter Centner, Foto A. Bayer-Zapf).
Abb. 14: Ovalschild mit Innenbemalung nach einem Fund aus Dura-Europos (Rekonstruktion Winfried Fink, Foto S. Müller).

  Eine der am Besten erhaltenen Bemalungen war gerade die von Rechteckschild Nr. 629 aus Turm 19. Verschiedentlich wurde argumentiert, diese bemalten Schilde könnten nur für Paradezwecke bemalt worden sein, da sich eine Bemalung für Kampfschilde nicht lohne. Bei letzteren ginge die Bemalung im Gefecht ‚sofort kaputt’, bzw. ‚ein Schild muss einfach zum Draufhauen da sein’.

  Um es gleich vorweg zu sagen, die Ansicht römische Soldaten hätten Kampfschilde aus praktischen Erwägungen niemals bemalt, bzw. bemalen lassen, ist wohl nicht richtig. Auch die ‚Zerstörungstheorie’ ist nicht stichhaltig, denn selbst während der chaotischen ‚Reichskrise’ im 3.Jh. n.Chr. kämpften römische Soldaten nicht jeden Tag, und auch in einer ‚heißen’ Region wie der römischen Ostgrenze zum persischen Reich lagen zwischen den schweren Kampfhandlungen meist mehrere Jahre. Für Trainingszwecke – bei denen sich eine Bemalung schnell abnützen würde – hatte die römische Armee ohnehin besondere (überschwere) Übungsschilde (Vegetius 1, 11). Dass bemalte Schilde aber auch für Trainingszwecke herhalten mussten, belegt Flavius Arrianus in seinem Reitertraktat. Laut seinen Angaben gab es bei der Kavallerie auch leichtere Schilde für Trainingszwecke, die allerdings prächtig bemalt waren. Bei ihren Übungskämpfen bewarfen sich die Kavalleristen mit stumpfen Wurflanzen, die vom „Gegner“ mit dem Schild abgewehrt wurden. Die Bemalung trug dabei sicher Blessuren davon, und bisweilen blieben sogar einige der stumpfen Wurflanzen in den Übungsschilden stecken (Ars tactica 34, 5 u. 41, 1). Derartige Spuren mussten dann natürlich ausgebessert werden. Dass kunstvoll bemalte Trainingsschilde immer wieder Beschädigungen ausgesetzt wurden, spricht deutlich gegen die Hypothese, bemalte Schilde wären aus Angst vor Schäden an der Bemalung nicht in echten Schlachten verwendet worden.

  Ein opulent bemalter Schild war zudem sicher mit einem deutlichen Prestigegewinn verbunden. Wegen der mehrfachen Solderhöhungen und zahlreichen Sonderprämien (donativa) der Severischen Dynastie und der ‚Soldatenkaiser’ hatten die römischen Soldaten der ‚Reichskrise’ wohl trotz der endemischen Inflation auch genügend Mittel, um sich einen solchen Schild leisten zu können. Der Grundsold wurde zwar in kümmerlichen Inflationsmünzen ausbezahlt, aber die donativa kamen meist in Form von Edelmetall.

  Reliefs aus dem 1. und 2. Jh. n.Chr. zeigen immer wieder Schilde mit Verzierungen, die in der Regel wohl aufgemalt waren, hin und wieder aber auch aus Messingblechapplikationen bestehen konnten. Wo Reliefs und Grabsteine keine Verzierungen zeigen, waren diese ursprünglich wohl mit Farbe auf den Stein gemalt, aber später verwittert. Spätrömische Funde und Quellen (4. u. 5.Jh.) bieten ebenfalls klare Hinweise auf bemalte Schilde [4] In der Antiken Kunst galt sowieso das Motto „je bunter desto besser“.

  Die Fundumstände aus Dura-Europos bieten immerhin indirekte Hinweise auf bemalte Kampfschilde. Auf den Schildresten der im Tunnel unter Turm 14 gefallenen römischen Soldaten haben sich wegen der Fundumstände zwar keine Spuren von Bemalung erhalten, doch scheint sich die Konstruktion dieser Ovalschilde nach Aussage der Schildfragmente nicht von derjenigen der bemalten Schilde aus Dura-Europos unterschieden zu haben. Wenn die immer wieder postulierten ‚Paradeschilde’ tatsächlich aus einer leichteren Konstruktion bestanden als Kampfschilde, dann müssen die bemalten Schilde aus Dura-Europos ebenfalls Kampfschilde gewesen sein, denn die Soldaten in dem eingestürzten Tunnel unter Turm 19 zogen wohl kaum mit leichten Paradeschilden in den Tod. Außerdem kamen Bruchstücke bemalter Schilde nicht nur im Turm der Palmyrenischen Götter und im Tempel des Zeus Kyrios ans Tageslicht (also in Kultbauten – die allerdings gleich hinter der umkämpften Stadtmauer lagen), sondern auch in der heißesten Kampfzone, d.h. in den Verteidigungsanlagen der Südwestmauer von Dura-Europos.

  Hier fand man Bruchstücke bemalter Schilde im ‚Palmyrenischen Tor’ (einer klobigen Zitadelle die um das Hauptstadttor erbaut wurde), in Turm 19 (Schild Nr. 629), in Turm 15, in Turm 24, in Turm 2 (‚Turm der Bogenschützen’), sowie an einigen weiteren Punkten, die aber alle an oder in der Nähe der Stadtmauer lagen.

  Das ‚Palmyrenische Tor’ zeigte bei den Ausgrabungen massive Spuren von Feuer, sowie von Angriffen mit Artillerie und Belagerungsgerät. Die Kleinfestung scheint diesen Angriffen aber widerstanden zu haben.

  Turm 19 sackte teilweise in sich zusammen, als die Perser ihn erfolgreich unterminierten. Es entstand jedoch keine Bresche in der Mauer, da der Turm nicht völlig auseinander fiel. Allerdings stürzten die Stockwerke im Inneren ein, wobei Schild Nr. 629 zusammen mit weiteren Ausrüstungsgegenständen (z.B. Schuppenpanzerung für Schlachtrösser) unter den Trümmern begraben wurde.

  Turm 15 lag ebenfalls in einem ‚heißen’ Abschnitt, da die Perser zwischen Turm 15 und Turm 14 ihre Belagerungsrampe bauten. Anscheinend wurden sie dabei von beiden Türmen aus unter massiven Beschuss genommen. Die Perser brachten Turm 14 durch einen Tunnel zum Einsturz, was ihnen aber wenig nützte, da ihre mühsam aufgebaute Belagerungsrampe durch einen römischen Gegentunnel zusammensackte.

  Der Bereich zwischen dem ‚Palmyrenischen Tor’ und Turm 14 (also inklusive Turm 19 und Turm 15) war damit der am erbittertsten umkämpfte Bereich in den Verteidigungsanlagen von Dura-Europos, und die Kämpfe scheinen sich mindestens über mehrere Wochen hingezogen zu haben. Falls die bemalten Schilde alle ‚Paradeschilde’ waren, warum hat man sie dann nicht fortgeschafft, um in den engen Turmräumen Platz für brauchbareres Kriegsgerät zu schaffen? Und schließlich – wenn die bemalten Schilde nur ‚Paradeschilde’ waren, warum hat man in den Trümmern dann keine Reste nachweislich unbemalter Kampfschilde gefunden ?   

  Kunstvoll bemalte Schilde wurden außerdem auch außerhalb der römischen Welt verwendet – und offensichtlich auch für den Einsatz im Kampf. Dass die Germanen ihre Schilde prächtig bemalten, berichtet bereits Tacitus. Schildfragmente aus dem Grab eines (Iuthungischen?) Fürsten aus Gommern in Sachsen-Anhalt zeigen Spuren teurer Farbstoffe wie Ägyptisch-Blau oder Zinnober, die mit Sicherheit aus dem Römischen Reich importiert werden mussten. Dass dieser Fürst mit Zierschilden bestattet wurde, die man aufgrund ihrer Bemalung tunlichst nie im Gefecht getragen haben soll, ist schwer einzusehen.

   Interessanterweise fand man bei einigen Schildresten aus Moorfunden Farbspuren unter der Rohhautschicht. Diese auf den ersten Blick völlig sinnlose Bauweise wird verständlicher, wenn man bedenkt, dass dünne Rohhaut durch Einölen transparent wird. Die kostbaren Farben konnten auf diese Weise stolz präsentiert werden, ohne dass der Schild stets ängstlich vor Kratzern gehütet werden musste.  

Trageweise

  Über die Art und Weise wie römische Soldaten ihre Schilde getragen haben, ist fast nichts bekannt, doch können über Experimente einige Lösungsmöglichkeiten ermittelt werden. Der bekannteste Versuch dieser Art war die Alpenüberquerung von Marcus Junkelmann im Jahr 1985. Dabei wurden große und sperrige Ovalschilde verwendet, wie sie in der Republik und der frühen Kaiserzeit üblich waren (Abb. 15). Diese riesigen Schilde mit einer Gesamthöhe von etwa 1,28 m konnten nur auf dem Rücken getragen werden. Da Junkelmann keine Originalfunde eines Tragesystems bekannt waren, musste er für den Marsch von 1985 eigens ein Gurtsystem entwerfen, das sich aber als leidlich effektiv herausstellte.

Abb. 15: Republikanischer Legionär mit Langoval-scutum vom Aemilius Paullus Monument aus Delphi (Mitte 2.Jh. v.Chr. – Foto F. Himmler).
Abb. 16: Relief auf einer Säulenbasis (?) aus der principia des Legionslagers von Moguntiacum/Mainz – marschierender Legionär mit Feldzeichenträger (1.Jh. n.Chr.)(© M.C. Bishop).
Abb. 17: Metope vom Tropaeum Traiani bei Adamklissi (frühes 2.Jh. n.Chr.) – marschierende Legionäre (© M.C. Bishop).

  Gebogene Rechteckschilde in der Art von Nr. 629 aus Dura-Europos wurden dagegen nicht auf dem Rücken getragen, sondern links an der Seite, wie die Mainzer Reliefsteine (Abb. 16), die Trajanssäule, sowie das Tropaeum Traiani von Adamklissi (Rumänien)(Abb. 17) belegen. Dura-Europos Nr. 629 wies zwar keine Spuren eines Tragesystems auf, doch lässt sich ein Trageriemen einfach und schnell an den Schildgriff knoten. Bei einem Wintermarsch Anfang 2005 stellte sich ein über die rechte Schulter laufender Trageriemen mit einer Absteifung im Schulterbereich als ausreichend effektiv heraus.

  Auch wenn die „Seitenmethode“ für Rechteckschilde in der römischen Armee des 1. u. 2. Jh. (und wohl auch des 3.Jh.) üblich gewesen zu sein scheint, wird die „Rückenmethode“ dadurch nicht kategorisch ausgeschlossen. Vielleicht wurden auch beide Methoden parallel angewandt. Ob gewölbte Ovalschilde ebenfalls an der Seite getragen werden konnten, oder eine Tragweise auf dem Rücken vorzuziehen ist, lässt sich dagegen wohl nur experimentell herausfinden

© Dr. Florian Himmler

[1] Der folgende Abschnitt basiert größtenteils auf der ausgezeichneten Arbeit von James, S., 2004, The Excavations at Dura-Europos. Final report VII: Arms and armour and other military equipment, London. 

[2] Ovalschild 616 (‚Homerischer Schild’): 118 x 95 cm;
Ovalschild 617 (‚Amazonenschlacht’): 117 x 97 cm;
Ovalschild 618 (‚Kriegergott’): 118 x 94 cm;
Ovalschild 619: 115 x 95 cm;
Ovalschild 620: 115 x 95cm.

[3] Ovalschild 617: Abstand Loch – Loch = 1 – 1,2 cm. Abstand Löcher – Rand = 0,6 – 0,8 cm.
Ovalschild 619: Abstand Loch – Loch = 0,6 – 0,9 cm. Abstand Löcher – Rand = 0,8 – 1 cm.
Fragment Ovalschild 625: Abstand Loch – Loch = 1,8 – 2 cm. Abstand Löcher – Rand = 1,5 cm.
Fragment Ovalschild 626: Abstand Loch – Loch = 1,8 – 2 cm. Abstand Löcher – Rand = 1 cm.
Fragment Ovalschild 628: Abstand Loch – Loch = 1,2 cm. Abstand Löcher – Rand = 0,4 cm (sic !).

[4] Als Haupthinweise für bemalte oder sonst irgendwie verzierte Schilde in der römischen Kaiserzeit sind zu nennen: das Cancelleria-Relief (1.Jh. n.Chr.), die Mainzer Reliefsteine (1.Jh. n.Chr.), das Tropaeum Traiani von Adamklissi (frühes 2.Jh. n.Chr.), die Trajanssäule (frühes 2.Jh. n.Chr.), die Marcussäule (spätes 2.Jh. n.Chr.), die Schildfunde aus Dura-Europos (Mitte 3.Jh. n.Chr.), die Piazza Armerina Mosaike (spätes 3./frühes 4.Jh.), sowie die farbigen Abbildungen von Schildsymbolen unzähliger spätrömischer Einheiten in einem Ämterhandbuch, der sog. Notitia Dignitatum (mittelalterliche, bzw. neuzeitliche Kopien eines Prachtkodex aus dem 5.Jh. n.Chr.). Zu berücksichtigen sind auch Fragmente kunstvoll bemalter spätrömischer Schilde im Museum Trier (4.Jh.?).